Gestern war die grosse Stunde, Einweihung der neuen Trambahn. Viele Politiker liessen sich für die Umsetzung der Idee feiern, während die Tram hochromantisch durch den Schnee pflügte. Gerne wäre ich auch unter den Feiernden gewesen, denn die Idee der Tram finde ich grundsätzlich gut: Flüssiger öffentlicher Personennahverkehr ist nur zu erreichen, wenn für die “Omnibusse” eine eigene Infrastruktur geschaffen wird, die ein vom Zustand des Individualverkehrs unabhängiges Operieren ermöglicht. Will heissen, der Bus darf nicht mit den Autos und Lastwagen im Stau stecken bleiben, etwa weil sein Weg zugeparkt ist, von Autos die darauf warten dass die Ampel auf grün springt. Muss man aber so eine Spur schaffen, dann kann man sie auch gleich elektrifizieren und somit Fahrzeuge mit den dafür besonders geeigneten und erprobten Elektromotoren ausstaffieren, ohne mit Batterien etc. experimentieren zu müssen.
Dass ich dennoch nicht mitgefeiert habe, lag nicht nur am vielen Schnee, sondern auch daran, dass für mich das Ganze mit einem Wehrmutstropfen, einer bitteren Pille verbunden ist. Ich gehöre nicht zu den Gewinnern der neuen Situation, sondern zu den Verlierern, zu den Kollateralschäden, oder zu den Schweinen, wie ein gewisser Luss es in seinem Kommentar auf Tageblatt.lu1 ausdrückt2:
Die Tram ist eine Bereicherung für Luxemburg und es ist gut dass das Projekt trotz einigem Gemecker durchgezogen wurde. Wer Wurst machen will, darf nicht im Schweinestall nachfragen ob alles (-sic-) das gut finden !
Es ist nämlich so, dass mit dem Tag der Inbetriebnahme von Funiculaire und Tram, auch die Pläne für die Busse umgestellt wurden und zwar sollen in Zukunft nach und nach die RGTR Busse nicht mehr innerhalb der Stadt zirkulieren dürfen. Das bedeutet für mich konkret, dass seit heute die 118 nicht mehr bis zum CHL fährt, sondern ich umsteigen muss. Dadurch verschlechtert sich die Leistung des öffentlichen Transportes für mich ganz erheblich:
- Bis letzten Freitag konnte ich nach dem alten Fahrplan um 6:05 das Haus verlassen, um 6:09 in den Bus steigen, und der war dann theoretisch um 6:59 an der Haltestelle “LUXEMBOURG, Kannerklinik”, wo ich dann noch 5-10 Minuten Fußweg brauchte bis ich an meiner Dienststelle die Stechuhr betätigen konnte.
- Seit heute könnte ich nach dem neuen Fahrplan für die 118 ab dem 10 Dezember 2017 in denselben Bus steigen und müsste dann aber um 6:44 auf dem Kirchberg auf der Haltestelle “Gare routière Luxexpo” aussteigen.
- Danach müsste ich mich zur Haltestelle Hugo Gernsback begeben, um hier um 6:53 in die Linie 222 nach Steinfort einzusteigen, die (vorläufig) noch durch die Hauptstadt fahren darf.
- Diese liesse mich, wenn alles glatt läuft, um 7:13 an der Haltestelle LUX (Belair), Wandmillen raus.
- Diese Haltestelle ist mir noch wohlbekannt, aus der Zeit wo ich noch in Küntzig wohnte, von da brauche ich 12 bis 15 Minuten bis zur Eingangstür meiner Dienststelle.
Ich bräuchte also bereits theoretisch eine halbe Stunde länger. Das sind, wie gesagt theoretische Werte, ausprobiert habe ich es noch nicht, weil ich zur Zeit aus dienstlichen Gründen gehalten bin mit dem Auto zu fahren. Wegen der aktuell, z.B. wegen der Baustelle in Igel angespannten Verkehrsituation ist eher damit zu rechnen, dass ich später ankommen und diesen Bus verpassen werde. Der nächste Bus führe dann um 7:13 und wäre entsprechend um 7:33 an der Wandmillen.
Ich vermute mal, dass wieder mehr Leute mit dem Auto fahren werden:
- Erstens wird nicht jeder sich den öffentlichen Transport so antun wollen wie ich. Ich profitiere von einem sehr günstigen M-Pass Angebot meines Dienstherren und bin ohnehin seit jeher Anhänger der Mobilité Douce, ohne ein Grüner zu sein.
- Zweitens dürften viele das Gefühl haben, dass sie schneller mit dem Auto durchkommen, weil weniger RGTR Busse die Strassen verstopfen. Das gilt, wenn überhaupt aber nur für die Innenstadt, auf der Autobahn werden es dafür mehr werden.
Abends beim Heimfahren, das gleiche Spiel mit noch ein paar weiteren Unannehmlichkeiten. Diese Gedanken habe ich der Mobilitätszentrale übrigens am 30. November 2017 auch per Email mitgeteilt, welche ich hier reproduzieren will, auch wenn ich mich dabei ein klein wenig wiederhole:
Léif Verkéiersplaner. Hu lo matkrut dass och di Buslinn 118 di ech all Dag huelen vun der Verkéiersëmstellung ab dem 10.12.2017 betraff ass.
Hu mir vun der Mobilitéitszentral virrechnen looss, wéi staark d’Verschlechterung fir mech an Zukunft werd sinn. Si ass zwar e bessi manner schlëmm wéi ech gefaart hunn, well ech fir op Stroossen just eemol muss ëmklammen, kommen awer trotzdem op mindestens eng hallef Stonn, wat wierklich vill ass! An dat ass just di theoretisch Verschlechterung, wou mir unhuelen, dass weder d‘118 ze spéit ukënnt, nach d‘222 ze spéit fort fiert. Et dierften der an der Praxis also vill méi ginn, ech rechnen dermadder well nit all Mensch sou staark an den öffentlichen Transport gleeft wéi ech. Et si genuch Leit am Bus di duerchaus Auto a Parkplaz hunn. Déi werten hier Rechnung och nei maachen an vill dierften dann nees mat dem Auto fueren, och well se an der Stad, deem nervigsten Deel vun der Streck, jo villäicht souguer méi séier virukommen, well manner Busser do sinn. Di hënneren dann awer op der Autobunn, wat de Bus nach méi lues mécht.
Et gëtt och eng prinzipiell Saach di mech stéiert:
- All Mënsch MUSS elo gläichzäitig an de Bus um Kierchbierg eraklammen, well e fiert just vun do fort. Freeën mech schonn op dat Gedrécks, Erënnerungen un de Schoulbus an den 80er.
- Den éischten Arrêt wou ech an d‘222 klammen kann ass e gutt Stéck méi wäit eweg wéi bis elo. Méi e laange Fuesswee ass zwar villäicht méi gesond, mee vill méi stressig mat der Planung. An an eiser Géigend ass et nit flott am Wanter an der Keelt 20 Minutten um Busarrêt laanscht enger vill befuerener Strooss ze stoen.
Wann, jo wann, den Tram mol bis funktionéiert, kann dat jo villäicht e Fortschrëtt ginn, well deen, an hoffentlich zousätzlich städtisch Busser, jo dann och däitlich méi dachs fiert.
Ech hätt et dohier bedeitend vill besser fond, wann Dir mat dem Verschlechteren vun den RGTR Buslinnen gewaart hätt, bis den Tram ferdisch ass, oder wéinigstens bis op d’Stäreplaz fiert.
Bis jetzt bekam ich, natürlich keine Antwort. Vielleicht weil es os ist wie Luss mir klar machte: ich bin nur ein Schwein das verwurstet werden soll! Die Situation wird, wie mir die genervte Mitarbeiterin von der Mobilitätszentrale versichert hatte, ja eh nur bis März so bleiben, denn ab dann fährt die Tram bis zur Place de l’Etoile. Ab dann kann ich mir wirklich eine Verbesserung vorstellen, denn ab da kann ich in die 22 einsteigen (hoffentlich), und der Takt der Tram wird ja wohl etwas höher sein, als der der 222. Daher hätte ich es besser gefunden, wenn man mit der Verdrängung der RGTR Busse aus der Stadt noch bis dahin gewartet hätte.
Ich muss nun überlegen, wie ich damit in Zukunft umgehen werde.
- Leiste ich mir die 350 Euro/Jahr zusätzlich für die 4 km für die Zugstrecke zwischen Igel und Wasserbillig und fahre wieder mit dem Zug. Vorteil: bei gutem Wetter, Fahrt mit dem Fahrrad möglich. Nachteil: die 22 ist immer proppenvoll und quält sich richtig durch den Verkehr und braucht auch lange.
- Oder kaufe ich mir einen Tretroller um schneller zu Tram und 22 kommen zu können? Nachteil: Geld weg und das Teil mitschleppen müssen.
Mal sehen.
- http://www.tageblatt.lu/newsletter/unser-rueckblick-auf-die-einweihung-der-tram/
- Auch das Wort widmete sich der Geschichte, erwähnt die Umstellung aber auch nicht https://www.wort.lu/de/lokales/tram-funiculaire-und-co-die-tram-faehrt